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Von Marcel Leubecher
Politikredakteur
Stand: 07.04.2022 | Lesedauer: 4 Minuten
Deutschland ist im internationalen Vergleich ein sicheres Land. Sein soziales Netz bietet fast jedem zumindest Wohnung, Krankenversorgung, Fortbildung und materielle Grundsicherung, ergänzt durch intensive Präventionsprogramme in Schulen, Jugendzentren oder Problemvierteln. Daneben sorgt ein aufwendiger Polizeiapparat mit zunehmender Video- und Kommunikationsüberwachung für Sicherheit. Auch der inzwischen weitverbreitete Einsatz von privatem Security-Personal in Bahnstationen, Kaufhäusern oder Diskotheken schreckt potenzielle Straftäter ab.
Und so konnte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, am Dienstag bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) einen Rückgang der registrierten Straftaten verkünden. Münch zufolge sank auch der Anteil der Straftaten, die mutmaßlich durch Zuwanderer begangen wurden, von 7,3 auf 7,1 Prozent im Jahr 2021. Mit der Zuwanderer-Kategorie erfasst das BKA jenen Teil der Ausländer mit dem Aufenthaltsstatus Asylbewerber, Schutzberechtigter, unerlaubt aufhältig oder geduldet.
Quelle: dpa/Wolfgang Kumm
Bis vor zwei Jahren wurden deshalb in der PKS die Prozentzahlen abzüglich "ausländerrechtlicher Verstöße" angegeben. Wegen der "geringen Fallzahl" wird seither darauf verzichtet. 2019 machte dies gleichwohl einen deutlichen Unterschied (34,6 Prozent insgesamt, 30,4 Prozent abzüglich ausländerrechtlicher Verstöße).
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Der Anteil der ausländischen Bevölkerung lag hingegen laut Destatis Ende 2020 bei rund 13 Prozent. Damit sind Nichtdeutsche in der Kriminalitätsstatistik überrepräsentiert. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass auch Touristen oder grenzüberschreitende Einbrecher-Banden in der PKS erfasst werden, die nicht hier leben. Vor allem bei Diebstahldelikten ist das sehr relevant: Bei ihnen ist rund ein Drittel der ausländischen Tatverdächtigen nicht in Deutschland gemeldet.
Bei den Gewaltdelikten ist dieser Verzerrungseffekt aber überschaubar. So waren beispielsweise von den 46.623 nicht deutschen Tatverdächtigen, die 2021 zu schwerer und gefährlicher Körperverletzung ermittelt wurden, 93,3 Prozent mit einem Wohnsitz hierzulande gemeldet; weitere 2,1 Prozent waren mit einem Wohnsitz im Ausland erfasst, die übrigen ohne festen oder mit unbekanntem Wohnsitz.
Von den 824 zu Totschlag (inklusive Versuche) ermittelten ausländischen Verdächtigen hatten 86,4 Prozent einen Wohnsitz in Deutschland, 2,1 waren im Ausland gemeldet und die übrigen ohne festen oder mit unbekanntem Wohnsitz.
Abgesehen von den Gewaltdelikten ist der Anteil von Ausländern in einigen Kriminalitätsbereichen relativ gering, beispielsweise beim sexuellen Missbrauch von Kindern (17 Prozent). Hier wurden 2021 zu 83 Prozent Deutsche als tatverdächtig ermittelt.
Bei all diesen Zahlen gilt es zu bedenken, dass nur eine kleine Minderheit der hier lebenden Menschen schwere Straftaten begeht - das gilt für Deutsche wie für jede einzelne Herkunftsnationalität.
Es gibt aber auch enorme Unterschiede bei der festgestellten Kriminalität zwischen Zuwanderern verschiedener Herkunftsländer. So sind etwa unter den hier lebenden rund 36.000 Japanern so gut wie keine Tatverdächtigen. Laut PKS wurden 2021 nur zu einer einzigen schweren und gefährlichen Körperverletzung ein Japaner als verdächtig ermittelt, zu Totschlag keiner.
Unter den laut Destatis Ende 2020 146.000 Chinesen in Deutschland taucht ebenfalls keiner in der Statistik unter Totschlag auf und nur 79 unter dem schweren Körperverletzungsdelikt. Unter den rund 272.000 Afghanen wurden hingegen 47 Tatverdächtige zu Totschlag ermittelt und 2859 zur schweren und gefährlichen Körperverletzung.
Eine wichtige Erklärung neben der unterschiedlichen soziokulturellen Prägung ist, dass japanische Zuwanderer vor allem über Arbeitsvisa einreisen, die Chinesen überwiegend mit Studentenvisum und Afghanen vor allem ohne Visum als Schutzsuchende. Es findet also zum einen bei Afghanen meist keine Vorauswahl statt; zudem leben Asylbewerber oft in Sammelunterkünften und sind relativ arm und geringqualifiziert. All dies sind Faktoren, die Kriminalität statistisch begünstigen.
Auch wichtig: Unter den hier lebenden Japanern besteht laut Ausländerzentralregister ein Frauenanteil von 60 Prozent, bei Chinesen sind es 54 Prozent und bei Afghanen nur 36 Prozent. In allen Kulturkreisen begehen Männer deutlich häufiger Straf- und insbesondere Gewalttaten als Frauen.
Quelle: welt.de